Beschreibung Siebenbürgens nach Hieronymus Ortelius von 1665
Die vorliegende Beschreibung Siebenbürgens ist dem historischen Werk des Hieronymus Ortelius (auch Oertl, Oertel) "Ortelius Redivivus et continuatus
Oder Der Ungarischen Kriegs-Empörungen, Historische Beschreibung, …" entnommen, das erstmals 1602 erschien. Das Werk stellt eine der ausführlichsten
zeitgenössischen Chroniken über die Türkenkriege dar. Es erschien in mehreren Auflagen und wurde von Martin Meyer (auch Meier, Meurer, Mayer) bis auf das Jahr
1665 ergänzt.
Der Verfasser, Hieronymus Ortelius, wurde 1543 in Augsburg geboren. Er brachte es im Lauf seines Lebens zum kaiserlichen Hofprokurator und Notar in Wien
bevor er 1580 aus der Stadt verbannt wurde und sich in Nürnberg niederließ. Sein Todesjahr wird mit 1614 angegeben.
Martin Meyer, auch unter dem Pseudonym "Philemerus Irenicus Elisius" bekannt, stammte nach eigenen Angaben aus Haynau in Schlesien. In der Widmung des Werkes
erwähnt er, die von M. Theophilus Pitiscus geleitete Stadtschule in Liegnitz besucht zu haben. Er hat etwa zwischen 1630 und 1670 gelebt - über seinen Lebensweg
gibt es kaum Aufzeichnungen. Meyer ist uns vor allem als Übersetzer und Historiker bekannt.
Das Werk der beiden Autoren besteht aus zwei Bänden, in denen die - vor allem kriegerischen - Auseinandersetzungen Ober- und Niederungarns als auch Siebenbürgens mit der
Hohen Pforte zwischen 1395 und 1665 beschrieben werden. Die Aufzeichnungen bestechen durch ihre große Ausführlichkeit; beigefügt sind auch zahlreiche Belagerungsansichten,
Bilder von bedeutenden Schauplätze und Porträts der beteiligten Kriegsherren auf beiden Seiten. Das Buch enthält zahlreiche Kurzbiographien von Stephan I. bis Rudolf II.,
bzw. von Osman I. bis Mehmed III..
Angeblich soll der bekannte Nürnberger Kupferstecher und Verleger Johann Siebmacher seinen Schwager Ortelius zur Abfassung des Buches bewegt haben. Siebmacher ist vor allem als Herausgeber und
Illustrator des nach ihm benannten Wappenbuches bekannt und hat auch die Portraits und Abbildungen zu Ortelius Werk beigesteuert.
Über den Quellenwert des Werkes kann ein Historiker sicher bessere Auskunft geben - die ausgewählte Beschreibung zu Siebenbürgen, die zur Einleitung der Ereignisse
am Anfang des ersten Bandes steht, erscheint mir jedenfalls sehr interessant, auch, da sie aus der Sicht eines 'Nicht-Einheimischen' festgehalten ist. Über die Quellen,
die den Autoren zugrunde lagen, ist mir nichts Näheres bekannt.
Titelblatt des Werkes von Ortelius von 1665. Bildquelle: Google Books. |
Zitiert von Seite 7-11:
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Ohne diese bißher erzehlten Ländern gehörte auch noch zu Ungarn/ alß es noch in gutem vollkommenem Wolstand war/ das Land Siebenbürgen/ so der vornehmste Theil deß Landes/ so von den Römern Dacia genannt/ und von dem Keyser Trajano/ alß er den letzten König Decebalum erlegte/ eingenommen ward: denn die Alten hiessen diese drey Landschafften/ Walachey/ Moldau und Siebenbürgen/ mit einem Namen Dacia.
Es ist aber Siebenbürgen die Braut/ umb welche man schon vor diesem und anitzo uber die drey Jahre her mit dem Türckischen Blut=Hund einen blutigen Tantz tantzet/ weßwegen nötig seyn will/ daß man solches/ seiner Gelegenheit/ Einwohnern und Stätten nach/ etwas weitläuffig beschreibe/ damit die in diesem ersten und nachfolgenden zweyten Theile enthaltene Geschichte desto verständlicher mögen gefasst werden.
Dieses Siebenbürgen nun ist der Mittelländische Theil der Wallachey/ hat zu Gräntzen gegen Abend das übrige Ungarn; Gegen Mitternacht Reussen; Gegen Mittag die Wallachey/ und gegen Morgen die Moldau: hält in der Länge 24. Teutsche Meilen/ und in der Breite auch soviel.
Die Ungarn heissen das Land Erdeli/ welches einen wäldichten Ort bedeutet/ und die Lateiner Transylvaniam, von den vielen und grossen Wäldern/ alß wodurch man in dasselbige reysen muß. Die Teutschen geben ihm den Namen Siebenbürgen/ von den sieben vornehmsten verwahrten Stätten oder Vestungen/ denn Burg ist bey den Teutschen so viel alß Castrum oder Munimentum, ein Lager/ Schantze oder Vestung.
Alß die Hunnen zum andermahl in Pannonien oder Ungarn ziehen wollten/ und daher in das Land Erdel kamen/ besorgten sie sich/ sie möchten von den umbliegenden Völckern überfallen werden/ theilten derohalben alle ihre Macht/ so sie hatten/ in siebenb Theile oder Heere/ und satzten einem jeden Theile einen besondern Hauptmann vor/ machten auch Unter=Hauptleute über hundert/ über zehen/ und Rottmeister/ nach gewöhnlicher Weise/ und hatte ein jedes Heer dreissig tausend/ achthundert/ sieben und funftzig streitbarer Mann.
Mit denselben sieben Hauptleuten und ihren Heeren verordneten sie/ zu Beschützung Weib und Kinder/ und ihrer Haab/ sieben Läger/ und baueten in jedem ein Schloß/ Teber oder Burg : In welchen Lägern sie darnach lange blieben und Wohnung hatten/ darumb dasselbige Theil deß Lands noch auff den heutigen Tag von den Teutschen Siebenbürgen genennet wird.
Dieses Land hat meistentheils eine temperirte Luft. Auff dem flachen Lande/ und zwar an den Orten gegen Mittag/ vornehmblich bey Weissenburg ist die Hitze im Sommer fast unerträglich/ so daß man sich auch in den Kellern kaum dafür erhalten kann : Hergegen in den bergichten Orten ist die Luft weit frischer und gesünder/ und also hat Siebenbürgen fast einerley Luft mit dem benachbarten Ungarn.
Das Erdreich allhier ist nicht weniger alß in Ungarn überauß reich an Gold= und Silber=Bergwerck/ ja mehr alß kein ander Land/ sonderlich bey Sculatti/ welches es die Ungarn Zalatna nennen/ und bey Rimili Dominurdtz (Rivuli Dominicorum) auf Teutsch Herren=Bächlein/ gibt’s so stattliche Bergwercke/ daß man gantze Schollen oder Klumpen reines und lautern Goldes herauß zu graben/ und dasselbe alsobald/ ohne einige Reinigung zu gebrauchen pflegt/ welchen Uberfluß der Römer Müntz von Gold/ da auf der einen Seiten ein geharnischter Mann mit einer breiten Sturmhaub/ und dieser Uberschrifft: C. Cato, auff der andern Seiten aber die Bildniß Daciae, in Gestalt einer Göttin/ mit einem offenen Buch in der rechten Hand/ worinnen Aur. pur. (das ist/ fein Gold) geschrieben/ zu sehen/ genugsam vorbildet.
Die Silber=Gruben sind bey Offera und Radna/ allwo man auch Kupfer und Gold mit findet. Der Stahl wird bey Cyck/ das Eisen bey Thorosch und Huniad/ und Spießglas und Schwefel in den Kupfer=Gruben mit grosser Menge gegraben: Und in der Landschafft Maromarusia kriegt man ein köstliches Berg=Saltz auß der Erden/ und das in solchem Uberfluß/ daß man alle benachbarte Landschafften reichlich damit versehen kann.
Zudem/ so bringt dieses Land Siebenbürgen alles/ was der Mensch zu seiner Auffenthaltung bedarff/ in voller Genüg vervor/ und hat an allen Orten und Enden einen gewaltigen Uberfluß an Geträid/ wie solches nicht allein die tägliche Erfahrung/ sondern auch schon von vielen jahren her deß Keysers Trajani besondere Müntz/ mit der Göttin Cereris auffgerichtetem Bildniß/ so in der rechten Hand das Horn Amaltheae, in der lincken aber ein Täfelein/ mit dieser Schrift: Abundantia Daciae, das ist/ überflüssige Fruchtbarkeit deß Landes Dacien/ oder Siebenbürgen/ genugsam bezeuget.
Es ist kaum ein Ort unter dem Himmel zu finden/ wo der Weitzen besser und lieber wächst/ alß in Siebenbürgen: denn da werden die Stengel oder Halmen so dick/ alß wie ein Rohr/ und sehr hoch; die Einwohner essen fast nicht anders/ alß lauter Weitzen; Speltzen säen sie wenig/ und mästen sie damit/ wie auch mit dem Hirsen/ den sie in grosser Menge haben/ nur die Schweine/ und füttern die übrigen zahme Thiere davon. Man findet hier auch eine Art Geträides/ welches sonst anderswo wenig bekannt/ dessen Aehren und Halmen wie Gersten außsehen/ (alica genannt) die Einwohner pflegen damit/ wie auch mit den Bohnen ihr Vieh fett zu machen.
Die Gerste wächst nicht so gar gern im Lande/ so ist sie auch den Leuten zum Bierbrauen nicht nöthig/ weil sie Wein zu trincken haben/ und wissen sie auch mit dem Bierbrauen nicht wol umbzugehen/ unn ist ihr Bier gemeiniglich ungeschmack/ trüb/ heeficht/ und daher nicht gar gesund.
Neben dem Getraid bringt Siebenbürgen auch Wein/ und den gar überflüssig/ welcher besser ist alß der/ so in der Walachey/ Francken/ der Marck/ Oesterreich und Mähren wächst/ aber geringer/ alß der Rheinische und Ungarische/ denn er ist mehr kalckicht und schwefelicht/ und verursacht deßwegen gar gern das Zipperlein und Fuß=Gicht: Die gesundesten und vornehmsten Weine wachsen umb Weissenburg/ Deva/ Engedin/ Birtheilmium/ Fenisch und Mediesch.
Die Felder und Auen waren vor dem itzt verderblichen Kriege (denn es heutiges Tages/ wie leicht zu erachten/ eine weit andere Gestalt haben wird) allenthalben voll Vieh/ so daß auß solchem Uberfluß bißweilen der stärckste Ochs umb 7. oder 8. Gülden verkaufft ward/ welcher nachgehends in Teutschland 50. oder 60. Reichsthaler gelten mußte; des Rind=Fleisches ist ein Pfund/ und bißweilen auch zwey Pfund/ sonderlich im Herbst/ umb einen Pfenning verkaufft worden. Uber das/ so ziht dieses Land auch stattliche und dauerhafftige Pferde und gute Läuffer/ die in andern Landen hoch gehalten/ und umb viel Geld auffgekaufft werden.
Es gibt auch viel/ so wilde alß zahme Bienen/ absonderlich in dem Altländischen Gebieth/ von welchen man viel Honig und Wachs/ und einen vortrefflichen Meeth/ der auch dem Litthauischen gleichen mag/ zubereiten kann/ derselbige wird mit gesunden Kräutern und vilem Gewürtz angemacht/ und den Benachbarten umb viel Geld verkaufft.
Die Wälder sind angefüllt mit allerhand Wild/ worunter sehr viel Bären/ wilde Pferde/ deren Mähne/ oder Kamm=Haare biß auff die Erde hangen/ deßgleichen Hirschen/ Rehe/ Füchse/ Haasen und die gar groß/ deren Felle gar bequem zu Futter unter der Weiber Kleidung können gebraucht werden. Die Wölffe und Bären gehen bißweilen im Ober= und Altländischen Hauffenweiß/ und bey 30. oder 40. miteinander/ und zerreissen fast alle nacht im Winter den Leuten die Pferde/ wenn sie deren habhafft werden können.
Unter dem wilden Geflügel finden sich allerley vortreffliche Vögel/ Adler/ Falcken/ Fasianen/ Feldhüner/ wilde Pfaue/ Auerhahne/ Schnepfen/ Schwanen/ Krop=Vögel andere.
Besagte Einwohner im Oberland haben einen grossen Gewinn von einem Kraut/ welches sie in den Gärten allenthalben häuffig pflantzen/ womit dz Garn roth gefärbt wird/ und kann ein eintziger Haussmann Jährlich 300. oder 400. Gülden darauß lösen/ welche kaum ein anderer Einwohner/ wo der Wein wächset/ welchen diese nicht haben/ zusammen bringen kan.
Nicht weniger ist auch das Feld hin und wieder mit vilene edlen und zur Artzney dienlichen Kräutern besaamet/ alß Rhapontia/ Entzian/ mit gelben und purpurfarben Blumen/ Rosenwürtz/ Safran/ edlem Wermuth/ von deß Theoprasti erstem Geschlecht/ Liebstöckel und andern in unzehlicher Menge mehr.
Wie nun diese Land also reichlich in der Luft/ den Feldern und Wäldern gesegnet ist; also mangelt es ihm auch nicht in Wassern. Unter den vielen Fischreichen sind deren auch drey Schiffreich/ alß Samos/ Marusch und Alt/ deren die letzten beide in den Scythischen Gebürgen entspringen/ und wovon die Alt (Aluta) in die Donau/ die Marusch (Marusius) aber in die Theissa sich ergiesset/ wie auch der Fluß Samos: deßgleichen die Flüsse groß und klein Chicel oder Kockel/ Feyer=Keres und Sebeskeres/ die Kräyß oder Körösch/ der Chrysolor und Strygius/ welche drey letzte viel Goldkörnlein/ und dessen etwan auch grosse Stücke/ von anderthalb Pfund/ in den Strohm mit sich führen.
Alle diese bißher genannte Flüsse haben stattliche Fische/ grosse und kleine Störe/ dreyerley Geschlecht Karpfen/ Salmen/ Lampreten/ Scheiden Forellen/ Gruppen/ Kressen/ Hecht/ Persicht/ und Schleyen.
Dieses Land Siebenbürgen ist umb und umb mit Wäldern und Bergen/ sonderlich dem Crapack und Walachischen Gebürge/ alß wie mit einer Krone umbgeben/ und kan man schwerlich von einer Statt oder Dorff zum andern kommen/ alß nur durch Wälder und Berge/ unter welchen die hohesten/ so fast mitten in Siebenbürgen bey der Vestung Fogarasch ligen/ welche unwandelbar/ und jederzeit mit Schnee bedeckt sind. Dahero dieses Land von solchen Wäldern auch den Namen bekommen/ wie oben eingeführet worden.
Und eben deßwegen hat Siebenbürgen gar wenig und zwar gar enge und unbequeme Zugänge/ worauß sich die Einwohner wider einen jeglichen außwärtigen Feind wehren und beschützen können/ unter welchen die vornehmsten 1. Turtzburg oder Turtzfeld (andere Trutzvest) unsern von Cronstatt/ gegen der Walachey zu/ 2. der Rothethurn/ von Hermanstatt gegen Mittag zwo Siebenbürgische Meilen abgelegen./ 3. das Eysen=Thor oder die eyserne Pforte/ ist aber in diesem itzigen Kriege/ im Jahre 1661. den 22. Junij/ in der Türcken Gewalt kommen. 4. ein anderer umb Clausenburg/ an dem Fluß Körösch/ 5. noch einer umb Desch/ an dem Fluß Samos/ 6. aber einer umb Bistritz/ wie auch in Schuck und 8. bey Bafau/ beyde in der Zäckler Landschafft.
Vor diesem könnte Siebenbürgen auf die 90 und mehr/ und die Zäckler über 60. tausen bewehrter Mann ins Feld führen.
Das Land wird bewohnt von Teutschen oder Sachsen/ Zäcklern und Ungarn/ auch etwas Walachen/ unter welchen die Teutschen den andern drey Nationen zuvor gehen/ was anlangt den Fleiß in der Haußhaltung und Acker=Bau/ so sind sie auch etwas höflicher und Leutseliger/ einfältiger und schlechter/ aber gegen andere Teutsche in Teutschland/ wiewol sie ihnen bey ihrer Einfalt etwas einbilden/ und sich für gar witzig halten. Ihre Sprache kompt etwas mit der alten Sächsischen/ oder itzigen Nider=Sächsischen überein/ indem sie für was/ das/ auch sagen/ wat/dat. Die Teutschen/ welche dahin kommen/ werden von ihnen Spottsweise Moser genannt/ und doch nicht sagen warumb oder woher es komme/ und bleiben sie in dem falschen Wahn stecken/ alß ob sie viel besser wären/ alß andere Teutsche. Auß der Stätte alten Privilegien ist abzunehmen/ daß sie von dem Geysa/ Könige in Ungarn/ und deß Heil. Ladislai Bruder/ daher gesetzt worden.
Diese Sachsen gebrauchen sich der Evangelisch=Lutherischen Religion/ und haben keine Bilder in ihren Kirchen; man findet zwar auch Photinianer unter ihnen/ aber nur zu Clausenburg/ Thorda und daherumb ligenden Orten.
Sie haben unter andern sieben schöne/ berühmte und freye Stätte unter sich/ unter welchen die vornehmste/ schönste und gröste auch deß gantzen Landes Hauptstatt ist Szeben (Cibinium) oder Hermanstatt/ an dem Flüßlein Cibin, in ebenem Felde/ wie die Statt Wien/ jedoch ohn einige umbligende Berge/ sonst an der Grösse ihr gleich/ mit starcken Mauren/ Bollwercken/ Pasteyen/ Wassergräben/ Thürnen und dergleichen besser verwahret/ denn wegen der vielen Fisch=Teiche und andern Wassern nirgends keine Krieges=Macht sich zunähern kan; inwendig aber mit schönen Gebäuen/ so meistens mit Zigeln gedeckt sind/ guten Brunnen/ und in allen Gassen mit durchflissenden Bächlein versehen/ jedoch wegen der ungesunden Luft nicht gar Volckreich/ und stehen offt die vornehmsten Häuser leer: Die Bürger sind meistens mit dem Zipperlein geplagt/ von wegen des kalckichten Weins. Die andern sechs Teutsche Stätte halten hierinnen ihre Zusammenkünfte/ und bringen ihre streitige Sachen/ so sonst nicht erörtert werden können/ daher. Unter andern Gewerbschafften wird ein gutes Tuch und wolschmäckender Meth allhier gemacht.
Eine Meil Wegs von Hermannstatt ligt Wyzagna/ (Saltzburg) von den Saltzgruben also genannt/ worauß Jährlichen ein grosses Geld gehoben wird. So ligt auch nicht weit von dieser Statt der Ort Helta mit einem starcken Schloß/ und von mittelmäßiger Grösse; allhier werden die allerbesten Sicheln geschmiedet. Ein wenig unterhalb Helta ist St. Michaels=Berg/ auff welchem zu höchst ein ansehentliches Schloß von Quaderstücken/ darein die daherumb wohnende Landleute zur Kriegeszeit alle ihre Sachen/ alß in einen sichern Ort zu flehen pflegen.
Und damit kein unversehener Einfall so bald geschehen möge/ ist zwo Meilen von Hermannstatt oberwähnter Rothe=Thurn/ auff einer sondern Höhe/ nahe an dem Fluß Alt/ so ein Wachthauß/ worauf die von Hermannstatt allezeit Wacht halten lassen/ und kompt man allda vorüber durch einen gar engen Fuß= oder Roß=Steig in Siebenbürgen/ daher man die Türcken an diesem Paß auffhalten kan.
Die andere Teutsche Statt nach Hermannstatt ist Brassovia, Corona oder Stephanopolis, auff Teutsch Cronstatt genannt/ eine gar volckreiche/ und wegen desß gewöhnlichen Wochen=Marckts lebhaffte Statt/ ligt zwischen gar lustigen Weinbergen/ ist mit Mauren und Pasteyen wol verwahret/ hat aber wegen der engen Thäler keine sonderliche Gräben. Die Häuser darinnen sind schön gebaut/ jedoch meistens nur mit Schindeln bedeckt/ und die Gassen sauber und rein zu halten/ fliessen durch alle gassen kleine Bächlein: Sie wird von lauter Teutschen bewohnt/ welche/ wie die andern Teutsche Stätte in Siebenbürgen der Augspurgischen Confession zugethan/ so Johannes Honterus allda zum ersten eingeführet. Es hat auch eine berühmte Schuel und stattliche Bibliotheck allhie/ so für die vornehmste in gantz Ungarn gehalten wird.
Aussen vor der Statt sind drey grosse weitläufftige Vorstätte/ deren eine die Bulgaren/ die andere die Ungarn/ und die dritte die Sachsen und Zäckler bewohnen. Die Gegend/ worinnen Cronstatt ligt/ wird Burzia oder Burzland genennt/ und ist das letzte Stück von Siebenbürgen/ allwo/ wie man ins gemein zu sagen pflegt/ das Teutsche Vatter Unser ein ende hat/ doch aber gar lustig/ und fast das andere Siebenbürgen zu nenne/ wird allenthalben mit wäldichtem Gebürg und den höchsten Alpen/ welche Siebenbürgen vom Morgen von der Moldau absondern/ umbgeben; der Fluß Alt scheidet es von den Zäcklern. Wenn man von Abend in dieses Burzland will/ muß man über ein Gebürg/ welches drey starcker Meilen lang/ der Zeiden=Wald genannt/ von dem Stättlein/ oder vielmehr grossen und reichen Teutschen Flecken Zeiden/ so über dem Berge ligt/ und wegen der sehr vesten Kirch/ und guten weitzenen Biers/ berühmt ist/ und hat man fast diesen gantzen Weg durch den Wald mit Bäumen/ gleich einer Brück/ belegen müssen/ sonsten könnte man wegen deß Lettens/ oder weichen fetten Bodens übel fortkommen.
Diese Ländlein trägt überauß viel Geträid und Flachs/ und ist gleichsam seiner Nachbarn Scheuer.
Die dritte unter den Teutschen Stätten in Siebenbürgen ist Segeswar oder Scheßburg/ an dem Fluß Groß=Kochel/ theils auff einem Hügel/ theils auch unten dran auff der Ebene gelegen. Die obere Statt/ so das Schloß genennt wird/ und der Statt Ofen und selbigem Schloß gleich seyn soll/ ist vest/ die untere Statt aber nicht sonderlich/ doch gibt es mehr Handwercker darinnen/ weil darinnen mehr Wasser und andern nothwendigen Sachen ein Uberfluß.
Die vierdte unter den sieben ist Medwesch/ Megies oder Midewisch/ mitten in Siebenbürgen/ auch an der Grossen Kochel/ und am besten Ort dieses gantzen Landes/ an Weinwachs und aller andern Notthurfft wol versehen/ ist zwar nicht groß/ aber ziemlich vest/ sonderlich hat es eine wolbevestigte Kirche auff einem Berge/ nach Gewonheit dieser Einwohner/ welche ihre Kirchen/ alß wie andere sonst anderswo die Schlösser zu bevestigen pflegen.
Bistritz oder Nösenstatt/ die fünfte unter den sieben Teutschen/ oder/ wie andere wollen/ die dritte/ eine schöne Statt/ mit Mauren/ Thurnen und Wasser=Gräben wol bevestiget. Die Einwohner allhier reden unter den andern Stätten am besten Teutsch. Das Land herumb trägt auch Wein/ aber die Luft und das Wasser sind gar ungesund/ daher man auch allhie viel kröpfichte/ taube/ stumme und närrichte Leute/ unter dem gemeinen Volck findet.
Die sechste von den offtberühmten sieben Teutschen Stätten heist Zaassebes (Sabescus, oder Zabesus) Teutsch Millenbach/ ist gar ein alter aber kleiner Ort/ mit Wassergräben und Mauren umbfangen/ ligt in einer Ebene und gar tieffem Thal/ ist gegen Abend mit einem Gebüsch und Teichen verwahrt/ sonst nicht sonderlich vest.
Die letzte unter den vornehmsten Teutschen Stätten in Siebenbürgen ist Coloswar (Claudiopolis) oder Clausenburg/ eine berühmte grosse Statt/ da es vornehme Handelsleut/ schöne steinerne Häuser/ ziemlich starcke Mauren und Thürne gibt/ ligt gegen Nidergang an dem Wasser Samosch/ darüber eine steinerne Brücke gehet. Wein/ Fleisch/ Fisch/ Feder= und ander Wildbrät war/ vor dem itzigen verderblichen Kriege/ daselbst wolfeyl/ wie nicht weniger das liebe Geträid; dahero auch die Statt gar Volckreich worden/ der mehrertheil aber sind Photinianer und Arrianer/ die auch den grösten Gewalt im Regimnet der Statt haben/ weßwegen die andern Teutschen oder Sächsischen Stätte an statt dieses Clausenburgs/ alß sie Arrianisch ward/ die Statt Broß/ Ungarisch Zaswaras genannt/ in die Zahl der Teutschen Stätte nahmen.
Uber das/ so werden auch allhier zu Clausenburg die Ungarn/ so in den andern Teutschen Stätten zu Bürgern nit angenommen werden/ dafür gelitten/ so/ daß sie/ neben den Teutschen auch im rath sitzen/ und haben die Photinianer ihre eigene Buchtruckerey.
Und dieses sind allein die vornehmsten oder Haupt=Stätte der Teutschen in Siebenbürgen/ unter welche noch viel andere kleinere Stättlein und Flecken/ sampt einer grossen Anzahl Dörffer gehören/ wiewol viel derselben diese sechs Jahr her/ vornemblich aber in den nächsten vier Jahren/ seint der Fürst Ragotzy im Jahr 1660. in der unglücklichen Schlacht bey Clausenburg umbkommen/ der veste Paß Eysenthor/ und der Schlüssel Groß=Wardein verlohren gegangen/ ohne Zweifel/ wie leicht zu erachté/ da die Türcken überall den Meister gespielet/ werden zu Grund gerichtet worden seyn/ wie dann obbeschriebene Teutsche Siebenbürgische Statt Medwisch selbsten in ihre räuberische Klauen kommen.
Dieser Teutschen Siebenbürger Regiment bestehet in einem Bürgermeister/ Königs=Richter/ Statt=Richter/ Hahn (Villico) und 12. Beysitzern. Es sind aber nicht in allen Stätten Königs=Richter/ sondern nur zu Hermanstatt/ Medwisch/ Scheßburg/ Millenbach/ Risch/ Broß und Leskirch: Bürgermeister findet man zu Hermanstatt/ Scheßburg/ Medwisch und Ripsch.
Die Manns=Personen gehen in Kleidung wie die Ungarn/ doch tragen sie auch etwan ein wenig längere Röcke/ theils dörffen wol im heissesten Sommer einen guten Fuchs=Pelz anlegen. Der Weibs=Personen Kleidung scheinet nicht gar bequem zu seyn: Denn ihre Kleider sind eng/ und nicht gar übrig lang/ und nur auf dem Rücken gefalten; Gehen einher mit nackigten Hälsen biß auff die Schultern; Die Brüste zwar verwahren sie mit einer runden und ziemlich weiten Schnalle von Silber/ übergüldet und mit Edelgesteinen versetzt/ selbige aber ist also beschaffen/ daß/ wenn eine Frau oder Jungfer sich nur ein wenig bückt/ die blossen Brüste gar bald hervor steigen/ und einen/ der es siehet/ entweder schamhafftig oder lüsternd machen. Theils prangen auch wol mit anderer ihren Schnallen/ und betriegen also manchen Freyer/ auch wol von Peltzwerck/ doch ohne uberzug. Die Wittfrauen und alte Matronen bekleiden ihr Haupt mit reiner Leinwand von Baumwolle.
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Quellen & Literatur
· Hieronymus Ortelius (Oertel), Martin Meyer, Ortelius Redivivus et continuatus Oder Der Ungari-
schen Kriegs-Empörungen, Historische Beschreibung, … (Ausführliche Beschreibung Der Unga-
rischen und Siebenbürgischen Kriegs-Händel, von Anno 1395. biß an das 1665. Jahr), Frankfurt
am Main 1665.