Samuel von Brukenthal

Samuel von Brukenthal  wurde am 26. Juli 1721 in Leschkirch (rum.: Nocrich, ung.: Újegyház), einer siebenbürgischen Gemeinde, die zwischen Hermannstadt und Agnetheln liegt, geboren. Sein Großvater und sein Vater hatten hier das Königsrichteramt bekleidet.
Die Familie hieß ursprünglich Brekner. Brukenthals Vater, Michael, wurde 1724 wegen seines loyalen Verhaltens während des Kurutzenkrieges von Kaiser Karl IV. mit dem Adelsprädikat "von Brukenthal" geehrt. Die Mutter, Susanna, entstammte der angesehenen Adelsfamilie "von Heydendorff".
Über den frühen Ausbildungsweg Brukenthals ist wenig bekannt. Er ist in der Schulmatrikel des Hermannstädter Gymnasiums nicht aufgeführt, obwohl zwei erhalten gebliebene Schulhefte darauf hinweisen, dass er die Schule besucht und um 1740 abgeschlossen haben muss. Es ist wahrscheinlich, dass er privat unterrichtet wurde, was zu jener Zeit durchaus üblich war.
Nach Absolvierung des Gymnasiums entschloss sich Brukenthal, in den Dienst der Kanzlei des siebenbürgischen Guberniums in Hermannstadt zu treten, den er vom 9. Februar 1741 ca. zwei Jahre lang ausübte. Danach begab sich Brukenthal zum Studium der Rechtswissenschaften nach Halle (1743/44).
Durch den Ausbruch des Zweiten Schlesischen Krieges war Brukenthal gezwungen, Halle zu verlassen. Er lies sich für das Wintersemester 1744/45 an der Universität in Jena immatrikulieren. Das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach war nicht am Krieg gegen Maria Theresia beteiligt; außerdem dürfte der Einfluss des siebenbürgischen Historikers und Juristen Martin Schmeizel für Brukenthals Wechsel nach Jena entscheidend gewesen sein. Schmeizel, der aus Kronstadt stammte, war in Halle der wichtigste Lehrer Brukenthals; zwischen 1720 und 1731 hatte er an der Hochschule in Jena unterrichtet und konnte diese Brukenthal sicherlich empfehlen.
In Jena studiert Brukenthal Jura, allerdings ohne mit einem akademischen Titel abzuschließen. Für die angestrebte höhere Ämterlaufbahn war ein solcher Titel nicht unbedingt notwendig; es reichte der Nachweis einer einwandfreien Führung während des Studiums. Brukenthal wurde in der Zeit in Jena Mitglied der dortigen Mineralogischen Gesellschaft. Mit der systematischen Sammlung von Mineralien begann er wahrscheinlich erst ab 1780, nach seiner Versetzung in den Ruhestand.
Brukenthal gelang es in seiner Studienzeit wichtige Kontakte zu knüpfen; so soll er u.a. in den Berliner Hofkreisen verkehrt haben und Mitglied der Magdeburgischen Freimaurerloge gewesen sein.
Im Sommer 1745 kehrte Brukenthal über Wien nach Hermannstadt zurück; in Wien machte er Bekanntschaft mit Baron Cornelius Neny, dem späteren Kabinettssekretär Kaiserin Maria Theresias; diese Bekanntschaft war für Brukenthals Karriere von großer Bedeutung.
In Hermannstadt angekommen, entschied sich Brukenthal für eine Laufbahn im Dienst der Sächsischen Nation. Als Alternative bot sich der Eintritt in die Kanzlei der Landesverwaltung, d.h. des Siebenbürgischen Guberniums, wofür Brukenthal bereits eine zweijährige Vorbereitungszeit absolviert hatte.
Auch privat stand Brukenthal vor einer wichtigen Entscheidung. Die Laufbahn in der Sächsischen Nation war an die Ansässigkeit in Hermannstadt und an einen eigenen Hausstand gekoppelt. Als junger, gebildeter Mann "aus gutem Hause", der zudem noch unverschämt gut ausgesehen haben soll, standen ihm alle Türen offen. Am 26. Oktober 1745 heiratete er schließlich Sophia Katharina, eine Tochter des damaligen Provinzialbürgermeisters Daniel Klokner von Kloknern und fiel damit im Ansehen der Familie des Komes von Baußnern zurück, die sich bezüglich einer Heirat Brukenthals mit der eigenen Tochter Hoffnungen gemacht hatte.
Von 1745 bis 1753 bekleidete Brukenthal verhältnismäßig unbedeutende Verwaltungsfunktionen. Er war zunächst zweiter, dann erster Gerichtsschreiber und ab 1751 Vizenotär des Hermannstädter Magistrats. Von 1749 bis 1751 führte er auch als Nachbarschaftsschreiber das Protokoll der Nachbarschaft des Großen und Kleinen Ringes.
1753 bot sich ihm als Gesandter der Nationsuniversität die einmalige Gelegenheit nach Wien zu reisen, und er wurde sogar zu einer Audienz mit Kaiserin Maria Theresia zugelassen. Die Sächsische Nation erstrebte damals ein Sekretariat im Gubernium, von denen es bis dahin nur zwei, eines für Ungarn und eines für die Szekler, gab. Dieses in Wien durchzusetzen wurde Brukenthal beauftragt, und er erfüllte diese Aufgabe nicht nur glänzend, so dass ein Büro eingerichtet wurde, sondern er wurde am 18. Januar 1754 („wegen seiner Capacität“) zudem selbst in dieses neue, einflussreiche Amt eingesetzt. Die anderen beiden Sekretärsstellen waren zu der Zeit mit den ungarischen Adligen Josinkzi und Monos besetzt.
Als er 1759 mit kaiserlicher Erlaubnis in Privatangelegenheiten in Wien weilte, bevollmächtigte ihn die Nationsuniversität erneut zu ihrer Vertretung in Angelegenheiten des Martinszinses, der Immunität der Nationsbeamten und Aufhebung des ökonomischen Direktoriums und lies der Kaiserin durch ihn ein Darlehen in Höhe von 200.000 fl. (Florentiner) anbieten. Nach einer kurzen Rückkehr nach Siebenbürgen zur Eröffnung des Landtages reiste Brukenthal im Febraur 1760 wieder nach Wien.
Mit Hofreskript vom 25. Juli zum Titular-Gubernial-Rat mit Sitz und Stimme ernannt, blieb er als Nationaldeputierter in Wien und erreichte dort die Aufhebung des ökonomischen Direktoriums, sowie die Wiederherstellung der Komeswürde und Nationalverfassung.
In Anerkennung dieser Verdienste wurde Brukenthal am 27. November 1761 zum Königsrichter und Komes der Sächsischen Nation gewählt. Die Wahl wurde von Kaiserin Maria Theresia nicht bestätigt, dagegen ernannte sie Brukenthal mittels Handschreiben vom 11. Januar 1762 „in Anbetracht seines erprobten Eifers für das allgemeine Beste, seiner ausgezeichneten Geistesgaben, seiner Erfahrung, großen Bildung und treuen Dienste“ zum siebenbürgischen Provinzialkanzler. Mit Diplom vom 1. März 1762 verlieh die Kaiserin ihm, seiner Gattin und seinen Nachkommen den Baronstitel (Reichsfreiherr).
Zusammen mit dem kommandierenden General Baron Buccow wurde Brukenthal die Aufgabe übertragen, die Militärgrenze in Siebenbürgen zu organisieren. Wegen der damit verbundenen Maßnahmen (Steuererhebungen) wurden beide angefeindet und schließlich 1763 nach Wien zitiert, wo sie die gegen sie erhobenen Beschuldigungen aber entkräften konnten.
Am 31. Januar 1765 zeichnete die Kaiserin Brukenthal für die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verleihung des Ritterkreuzes des St.-Stephansordens aus.
1765 setzte Brukenthal die Inskription des Fogarascher Distriktes zu Gunsten der Sächsischen Nation gegen eine Summe von 200.000 fl. für den Zeitraum von 99 Jahre durch. Am 18. Juni wurde ihm die Leitung einer von der Hofkanzlei abhängigen Kommission in Steur- und Militärangelegenheiten übertragen. In dieser Eigenschaft erwirkte er mittels Diplom vom 2. November 1765 die Erhebung Siebenbürgens zum Großfürstentum.
Des Weiteren erreichte er, dass alle Hexenprozesse vor der Vollstreckung des Urteils an den Hof in Wien eingereicht werden mussten.
1768 wurde Brukenthal zum Geheimrat ernannt und von Wien nach Siebenbürgen entsandt, um die Errichtung der Militätgrenze zusammen mit General Graf O’Donnell voranzutreiben.
Am 9. Mai 1769 stellt Brukenthal seinen Entwurf eines Steuersystems vor, das nach eingehender Prüfung gebilligt und auch von der Kaiserin gut geheißen wurde. Am 3. November wurde er dann zur Einführung des neuen Steuersystems als kaiserlicher Kommissar nach Siebenbürgen geschickt.
Zurück in Siebenbürgen wurde er überschwänglich empfangen. Er setzte die Steuerreform konsequent um und führte ein Urbarium (Wikipedia: Verzeichnis über Besitzrechte einer Grundherrschaft und zu erbringende Leistungen ihrer Grunduntertanen) ein. Kaum ein Jahr später konnte er in Wien über den Erfolg seiner Mission berichten.
1772 und 1773 musste sich Brukenthal erneut Verdächtigungen wegen angeblichen Versäumnissen stellen und konnte diese entkräften.
1773 wurde ihm das Kommandeurskreuz des St.-Stephanordens verliehen. Im selben Jahr ist er mit den Vorbereitungen zum Empfang Kaiser Joseph II. in Siebenbürgen beschäftigt. Auf seiner Reise soll der Kaiser dann ausgerufen haben: „So hat doch der Brukenthal in Allem Recht was er sagt!“
1774 wurde Brukenthal zum Gubernialpräses ernannt; in dieser Wirkensperiode fällt die Teilung des Albenser Komitats, die auf höheren Befehl erfolgte Anordnung des Verkaufs der sächsischen Gemeindegründe und der Antrag des Grafen Kornis zur Einführung der Konzivilität in Siebenbürgen und Brukenthals Gutachten darüber. Das Konzivilitätsrecht befugte den (ungarischen und szekler) Adel auf dem Sachsenboden Grundbesitz zu erwerben, ohne sich dem sächsischen Recht zu unterwerfen.
Die Konzivilität wurde mit dem Gleichheitsprinzip begründet. Die sächsische Argumentation berief sich hingegen auf das verbriefte Recht, dass in den sächsischen Landesteilen keine anderen Volksgruppen siedeln durften.
Brukenthal verhindert zunächst die Einführung der Konzivilität; später setzt sich Kaiser Joseph II. durch, der die Streitigkeiten der verschiedenen Nationen durch „gerechte Gleichbehandlung“ beenden wollte.
Am 16. Juli 1777 wurde Samuel Brukenthal zum Gouverneur von Siebenbürgen ernannt und ihm im September von der Kaiserin ans Herz gelegt: die katholische Religion aufrecht zu erhalten, die Gesetze zu verbessern, alle Untertanen gerecht zu behandeln, die Urbarialregulation voranzubringen und die Militärkonskription umzusetzen.
Am 3. Oktober 1777 zog Brukenthal feierlich als Gouverneur in Hermannstadt ein; am 12. November erfolgte dann seine Installation in dieses Amt. 1778 lies Maria Theresia Brukenthal wissen, dass sie mit dem neuen Stand der Dinge in Siebenbürgen durchaus zufrieden sei.
Brukenthal gewann die Kaiserin für die Idee einer theologischen Universität in Hermannstadt, damit die Ausbildung der Theologen nicht weiter im Ausland erfolgen müsse, doch scheiterte dieser Plan am entschiedenen Einspruch des katholischen Bischofs Bajtay.
Brukenthals Tätigkeit als Gouverneur war geprägt vom Gedanken der Toleranz unter den Völkern Siebenbürgens. Der 1777-87 gebaute Gouverneurspalast auf dem Großen Ring in Hermannstadt wurde zum Mittelpunkt der politischen Aktivität, aber auch eines vielfältigen gesellschaftlichen Lebens. Abends empfing Brukenthal zu Hause die „vornehme Gesellschaft“ und zwei Mal in der Woche gab es dazu musikalische Darbietungen.


Brukenthal-Palais in Hermannstadt.

Zwischen 1757 und 1770 wurde im Auftrag Brukenthals in Freck (rum.: Avrig) eine spätbarocke Schlossanlage gebaut, die Brukenthal als Sommerresidenz nutzte. Das Schloss mit Gartenanlage ist heute das einzige erhaltene barocke Gebäude dieser Art in Rumänien.
1777 rief Brukenthal den später Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann in seine Dienste nach Hermannstadt, wo dieser als Bibliothekar und Leibarzt für Brukenthal wirkte.
Der Tod Maria Theresias am 29. November 1780 bedeutete einen Einschnitt in Brukenthals Karriere, denn mit Joseph II., dem Sohn der Kaiserin, der ihr auf den österreichischen Thron folgte, gelang die politische Zusammenarbeit nicht annähernd so gut wie mit der verstorbenen Mutter. Die autoritären Verfügungen des neuen Kaisers und dessen ungestüme Arbeitsweise widersprachen Brukenthals Auffassungen und seiner Verwaltungsmethode (Brukenthal verstand sich gegenüber Wien mehr als Ratgeber denn als bloßer Befehlsempfänger). Die Folge waren Konflikte zwischen den beiden Persönlichkeiten, die 1787 schließlich zur Versetzung Brukenthals („in Ansehung seines hohen Alters“) in den Ruhestand führten. Als Beispiel eines Konflikts sei allein der Bauernaufstand unter Horia, Closca und Crisan genannt, in dessen Verlauf Brukenthal vorschlug, den „großen Haufen“ zu schonen - in Wien wurde sein Vorschlag allerdings ignoriert.
Nach dem Tod Kaiser Josephs II. 1790 erfüllte es mit Brukenthal mit Genugtuung zu sehen, dass die früheren siebenbürgischen Verfassungsverhältnisse unter Leopold II. wieder hergestellt wurden und auch das hauptsächlich von ihm eingeleitete Regierungssystem wieder zur Geltung kam, das dann bis 1848 bestand hatte.
Nach seiner Pensionierung fand Brukenthal nun endlich mehr Zeit, sich seinen Sammlungen und der Förderung des geistigen, künstlerischen und kulturellen Lebens zu widmen. Während seiner Aufenthalte in Wien hatte er schon einige Sammlungen begonnen (Gemälde, Kupferstichkabinett, Münzsammlung) und sich eine ansehnliche Bibliothek angeeignet.
Am 9. April 1803 starb Samuel von Brukenthal im Alter von 81 Jahren an Altersschwäche, ohne eigene Nachkommen zu hinterlassen. Seine einzige Tochter Sophia starb im Kindesalter.
Brukenthal wurde am 21. April in der Hermannstädter Pfarrkirche unweit des Taufbeckens bestattet.
In seinem Testament verfügte Brukenthal, dass nach dem Aussterben der männlichen Familienlinie seine Sammlungen in eine Stiftung eingebracht werden. Die Stiftung sollte durch das Evangelischen Gymnasiums in Hermannstadt geführt werden. 1867 ging auch das Palais, das seit 1817 als öffentliches Museum diente, in den Besitz der Stiftung über. 1872 starb mit Baron Hermann von Brukenthal der letzte männliche Nachfahre und alle Bestimmungen des Testamentes konnten nun umgesetzt werden. In der kommunistischen Zeit zwischen 1945 und 1989 wurde das Gymnasium enteignet. Aus dem „sächsischen Museum“ wurde ein rumänisches Nationalmuseum.
Zeit seines Wirkens setzte sich Samuel von Brukenthal mit großer Hingabe für die Belange seines Volkes ein, getreu seines Wahlspruchs: „Fidem genusque sevabo“ („Meinem Volk und meinem Glauben bleibe ich treu“).
Das Palais und das deutschsprachige Gymnasium in Hermannstadt, sowie der Landsitz in Freck, tragen den Namen dieses bedeutendsten Staatsmanns der Siebenbürger Sachsen.


Quellen & Literatur

· Michael Csaki,  Friedrich Teutsch,  Zur Erinnerung an Samuel von Brukenthal,  Hrsg.  vom Landes-
  konsistorium der ev. Kirche A.B. in Siebenbürgen, Hermannstadt 1921.

· Uwe Dathe,  Samuel von Brukenthal in Jena. Eine Nachlese zur Brukenthal-Literatur,  in:  Forschun-
  gen zur Volks- und Landeskunde, Band 41 Nr. 1-2, Bukarest 1998, S. 101-111.

· Carl Göllner,  Samuel von Brukenthal, Bukarest 1977.

· Ludwig Reissenberger,  Bruckenthal, Samuel Freiherr von B.,  in: Allgemeine Deutsche Biographie
  (ADB), Band 3, Leipzig 1876, S. 395–397.

· Georg Adolf Schuller,  Samuel von Brukenthal, Band I.-II., in: Buchreihe der Südostdeutschen Kom-
  mission (Band 18 u. 19), München 1967, 1969.

· Joseph Trausch,  Schriftsteller-Lexikon oder biographisch-literärische Denk-Blätter der Siebenbür-
  ger Deutschen, Band I., Kronstadt 1868, S. 188-197.