Valentin Franck von Franckenstein

Valentin Franck von Franckenstein erblickte das Licht der Welt am 20. Oktober 1643 als jüngster Sohn des Hermannstädter Bürgermeisters Valentin Franck und seiner Ehefrau Agnetha, einer Tochter des Großauer Pfarrers Daniel Klein.
Sein Vater bekleidete seit dem 29. Dezember 1639 das Bürgermeisteramt, nachdem er 1625 für ein Jahr Rektor des Hermannstädter Gymnasiums, dann Provinzialnotar, und von 1632 bis 1633 Stadthann von Hermannstadt war. Von 1645 bis zu seinem Tod am 9. Mai 1648 übte Valentin Franck das Amt des Grafen der Sächsischen Nation aus.
Als Fünfjähriger verlor Valentin Franck von Franckenstein seinen Vater; die Familie blieb aber - gerade auch durch die Verdienste des Sohnes - eine der angesehensten Patrizierfamilien Siebenbürgens. Die Familie stammte ursprünglich aus Sächsisch Regen, wo sich der Name „Franck“ bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lässt.
Franckenstein besuchte 1661 bis 1663 das Gymnasium in Hermannstadt. Seine Abgangsdisputation trägt den Titel: „Decas Questionum Philosophicarum illustrum …“. 1665 wurde Franckenstein an der Universität in Altdorf bei Nürnberg immatrikuliert. Er studierte dort Jura, Philosophie und Theologie. Seine Abschlussarbeit „Exercitatio philosophica de aequitate“ beschäftigte sich mit Rechtsfragen. Nach dem Studium kehrte Valentin Franck von Franckenstein nach Siebenbürgen zurück und begann 1679 seine politische Karriere als Burggraf am Roten-Turm-Pass. 1682 wurde er nach Johann Weinhold zum Provinzialnotar der Sächsischen Nationsuniversität ernannt und 1684 zum einem Ratsherren gewählt. Am 14. Februar 1686 wurde er zum Königsrichter gewählt und am 11. März 1687 vom siebenbürgischen Fürsten Michael Apafi als Sachsengraf und „fürstlich geheimer Rath“ bestätigt.
In seine Amtszeit fiel der Übergang Siebenbürgens in die Herrschaft der Habsburger, wobei er sich als Parteigänger des Kaisers einsetzte. Mit großem politischem Geschick gelang es ihm, die Eigenständigkeit der Sächsischen Nation im Vielvölkerstaat Österreich zu bewahren. Als Sachsengraf setzte er sich besonders für die in den alten Privilegien garantierten Rechte auf freie Wahl der sächsischen Würdenträger und Glaubensfreiheit, sowie für die Minderung von Steuern (Erlass des Martinszinses) ein.
Für seinen Einsatz und seine Loyalität gegenüber dem Wiener Hof wurde er 1692 in den Stand des österreichischen Beamtenadels erhoben. Er durfte fortan das Prädikat „von Franckenstein“ führen.
Das Wappen der Familie Franck (von Franckenstein) ist in fünf Felder aufgeteilt. Das erste Feld enthät in weiß drei schräge, von links unten nach rechts oben führende, schwarze Balken, das zweite und dritte in rot aus einer weißen Wolke ragend, ein blau geharnischter Arm, auf dessen Hand eine flatternde (flugbereite) Taube; das vierte Feld in weiß drei schräge, von links oben nach rechts unten führende schwarze Balken. Das fünfte Feld, unten Mitte, stellt in Gold eine mit einer goldenen Krone gekrönte Säule dar; daran auf einem dreifachen grünen Hügel ein Gefäß aus dem eine rote Rose ragt.

 Das Wappen Valentin Franck von Franckensteins.

Valentin Franck von Franckenstein erkannte schnell, dass die politische und militärische Rolle der Siebenbürger Sachsen nach dem Übergang zu den Habsburgern weiter gesunken war und er suchte deshalb, ihr Selbstverständnis im geistig-kulturellen Bereich zu stärken.
Er selbst war ein Liebhaber der Wissenschaft und der Künste und hat sich mit Poesie und Geschichte, der Technik des Feuerwerkes und vielem anderen beschäftigt. Seine Bibliothek machte ein Viertel seines Gesamtvermögens aus und belegt die vielseitigen Interessen seines Besitzers. Seinen Reichtum und seine Stellung nutzte er, um sächsische Kunst und Kultur zu fördern. Vor allem das Hermannstädter Gymnasium hat immer wieder von Zuwendungen profitiert (oft kamen sie Theateraufführungen der Schüler zugute). Nach seinem Tode ist auch seine Bibliothek in den Besitz der Schule übergegangen.
Sein Haus auf dem Großen Ring in Hermannstadt ließ er kunstvoll ausschmücken; erst 1695 zog er in das so genannte „Hermeshaus“ am Kleinen Ring um.
Valentin Franck von Franckenstein war ein begeisterter Förderer des sächsischen Goldschmiedes Sebastian Hann, der in Franckensteins Auftrag einige sehr kostbare und schöne Werke geschaffen hat, darunter zwei Leuchter für die Stadtpfarrkirche, ein Prunkkrug von 1697 (heute im Ungarischen Nationalmuseum), oder das kunstvoll gearbeitete Epitaph des Sachsengrafen (Brukenthalmuseum).
Befreundet war er u.a. mit dem rumänischen Hirten und Dichter Mihail Halici, dem Historiker Matthias Miles und dem Organisten und Komponisten Gabriel Reilich, für dessen Musikstücke Franckenstein und Miles Texte verfassten.
Franckenstein ließ drei größere Sammlungen von Gedichten (v.a. Lobeshymnen) seiner Freunde und anderer, bekannter siebenbürgischer Geistesgrößen drucken: 1679 „Favor Aonius“, 1692 die vermehrte Ausgabe „Rosetum Franckianum“ und 1697 „Obsequium honore“. Die Gedichte geben Einblick in das dichterische Schaffen der Zeit und sind im Geist nationaler und religiöser Toleranz geschrieben.
Franckensteins Werk, das die weithin größte Beachtung gefunden und lange Zeit nachgewirkt hat, ist das „Breviculus originum et praecipue Saxonicae in Transsilvania“, das 1696 zum ersten Mal in Hermannstadt aufgelegt wurde. Die geschichtliche Abhandlung wurde schon vor ihrem Druck handschriftlich verbreitet und war ein frühes Beispiel der so genannten „gelehrten“ Historiographie, bei der auf eine philologisch-historische Spekulation und die Berufung auf frühere Autoren - zugunsten einer wissenschaftlichen Erforschung und Interpretation von Quellen - verzichtet wurde. Diesen Ansatz wendete Franckenstein bewusst an, um Geschichte als Argument für politische Forderungen fruchtbar zu machen.

Titelblatt des Werkes "Origines Nationum" von 1697.

Während der Bürgermeister Albert Huet seinerzeit vor allem die Bodenständigkeit und die wirtschaftlichen Leistungen der Sachsen in Siebenbürgen (mit Hinweis auf die so genannte „dakische Stammessage“) hervorhob, betonte Franckenstein das Deutschtum der Siebenbürger Sachsen und ihre Ansiedlung mit den garantierten Privilegien, die auch von den neuen Herrschern bewahrt werden müssten. Seine Argumentation beruft sich auf Urkunden (z.B. den Goldenen Freibrief von 1224) wenn er nachweist, dass die meisten Sachsen von Deutschland nach Siebenbürgen berufen wurden. Die Abhandlung Franckensteins gehörte zu den im 17. Jahrhundert in Siebenbürgen am meisten gelesenen Geschichtswerken und war auch dem Universalgelehrten Gottfried W. Leibniz bekannt, er empfahl, zur Klärung der Herkunftsfrage der Sachsen die Sprachforschung heranzuziehen.
In seinem Büchlein „Breviculus pyrotechnicus“, das 1697 in Hermannstadt herausgegeben wurde, druckte Franckenstein den Plan einer Rakete ab und leistete so - neben Conrad Haas – einen wichtigen Beitrag zur Vorgeschichte des modernen Raketenbaus.
1677 gab Valentin Franck von Franckenstein eine Gedichtsammlung unter dem Titel „Hundert sinnreiche Grabinschriften“ in Zusammenarbeit mit Matthias Miles heraus. Als Dichter bedient sich Franckenstein noch des Barockstils; seine Lyrik ist vom deutschen Barockdichter Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau beeinflusst, von dem er nicht nur den Titel des Sammelbandes, sondern auch einige Gedichte übernommen hat. Sehr interessant ist darin die Beschreibung des „brennenden Brunnens von Baaßen“, einer der ersten Erwähnungen des Erdgasvorkommens in Siebenbürgen.
Zu seinen ersten Werken gehören auch einige Übersetzungen, so die „Hecatombe Sententiarum Ovidianarum“ von 1679, eine mehrsprachig angelegte Sammlung von 131 Aussprüchen des römischen Dichters Ovid. Franckenstein übersetzte die lateinischen Sätze sinngemäß nicht nur ins Deutsche, sondern auch ins Rumänische, Ungarische und Siebenbürgisch-Sächsische. Er ist damit der erste (datierbare) Dichter, der weltliche Kunstdichtung in rumänischer Sprache (mit lateinischen Buchstaben) und siebenbürgisch-sächsischer Mundart verfasste. In siebenbürgisch-sächsischem Dialekt ist älter nur noch ein Glückwunschgedicht des Kronstädters Paul Francisci, gedruckt 1668 in einer Disputation des Johannes Czekelius aus Deutsch-Kreuz.

Diligitur nemo nisi cui fortuna secunda est,
Quae simul intonuit proxima quae fugat.

Ich habe Freunde gnug kompt mir das liebe Glück /
Im fall es von mit weicht / so gehn sie mit zurück.

Fiind miè binye ma csinszteste lume.
kum fudse nerokul szént de dsok si glume.

Sinnspruch in drei Sprachen aus Franckensteins "Hecatombe Sententiarum Ovidianarum" von 1679.

In seinen letzten Lebensjahren litt Franckenstein an der Gicht, die ihn zunehmend von seinen Amtsgeschäften abhielt. Als 1692 die Interessen der Sächsischen Nationsuniversität am Wiener Hof durch eine Deputation vertreten werden sollten, wird Johann Zabanius (1698 zu Johann Sachs von Harteneck geadelt), junger Provinzialnotar, einstimmig zum Vertreter der Sachsen gewählt. Durch einen regen, verschlüsselten Briefwechsel unterrichtete Zabanius Franckenstein über seine Unternehmungen in Wien. Der aufstrebende Johann Zabanius beerbte Franckenstein nach dessen Tod im Amt des Grafen der sächsischen Nation und als Königsrichter von Hermannstadt.
Valentin Franck von Franckenstein war zweimal verheiratet. Am 15. Februar 1668 heiratete er Margaretha Klockner, die Tochter des Stolzenburger Pfarrers Georg Klockner. Sie starb am 24. August 1692. In zweiter Ehe war er seit dem 11. November 1693 mit Anna Maria Rosenauer, verwitwete Wayda, verbunden. Sie starb am 12. Juni 1696 in Mühlbach. Aus erster Ehe hatte Franckenstein zwei Söhne, Georg und Valentin, und zwei Töchter, Agnetha und Maria. Nur der Sohn Georg überlebte den Vater.
Am 27. September 1697 starb Valentin Franck von Franckenstein in Hermannstadt im Alter von 54 Jahren.
Ein Satz aus seinen „Hacatombe“ dürfte sein Schaffen und Wirken treffend zusammenfassen: „ … Es kompt die Ehr von Künsten, Wissenschaft und edeln Sitten her“.


Quellen & Literatur

· Valentin Franck (von Franckenstein), Hecatombe Sententiarum Ovidianarum, Hermannstadt 1679.

· Ioan Albu,  Inschriften der Stadt Hermannstadt aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit,  in: Quel-
  len zur Geschichte der Stadt Hermannstadt, 3. Band, Hermannstadt 2002.

· Konrad G. Gündisch,  Valentin Franck von Franckenstein 1643-1697, in: Taten und Gestalten.  Bilder
  aus der Vergangenheit der Rumäniendeutschen,  I. Band,  Hrsg. Dieter Drotleff,  Cluj-Napoca (Klau-
  senburg) 1983, S. 140-146.

· Johann Seivert,   Die Grafen der  sächsischen Nation und  Hermannstädtischen  Königsrichter  im
  Großfürstenthume Siebenbürgen, in: Ungrisches Magazin, 3. Band, Preßburg 1783, S. 416-421.

· Joseph Trausch,  Schriftsteller-Lexikon oder biographisch-literärische Denk-Blätter der Siebenbür-
  ger Deutschen, Band I., Kronstadt 1868, S. 339-346.